Liebe Freunde,
höchste Zeit fürs intellektuelle Programm
bevor die Puppen tanzen und der Bär steppt,
bevor die Balken krachen und der Champagner aus ist…
bevor vielleicht eine Uschi oder eine Muschi uns durcheinander bringt …
bevor irgendwelche Kreisliga-Fußballer umknallen oder umgeknallt werden,
bevor einer den anderen nicht mehr Maaaaag o d e r
eben bis der Festredner keine Laune mehr, dafür aber einen sitzen hat.
Ich darf ganz kurz in die Didaktik des heutigen Abends einführen:
ein Abend des literarischen Kabaretts, denn es geht um Hengen.
Hengen, ein Begriff, den wir eigentlich alle zu kennen glauben.
Kennen wir doch durchhängen, aushängen und einhängen, umhängen und rumhängen, einen hängen haben, ihn schlaff hängen oder raushängen lassen.
Doch Hengen ist ganz was anderes.
Hengen ist ein Ort, ja sagen wir ein Haufendorf
und deshalb auch nicht ganz einfach fürs Navigationsgerät,
doch schließlich auch über Google-Map zu finden.
Wenn es z.B. heißt: aus Hengen,
wäre dass dann die richtige Diktion
für den Geburtsort unsere heutigen Jubilars, ein Ort nahe Bad Urach,
mit inzwischen 854 Einwohner und 1000 Kühen und ein Ort, der von sich sagen kann:
Hengen hat bereits 3 x den 1. Preis und verschiedene Anerkennungen beim Kreiswettbewerb „Unser Dorf soll schöner werden“ gewonnen.
Allerdings auch in Ort auf der Schwäbischen Alb, von wo aus Fuchs und Has lieber im Badische Villingen Asyl beantragen.
Die Stammeseigenschaften eines Hengemers sind dann auch im Ort in Stein gemeißelt:
Uffrichtich ond gradraus – so lang mer koin Schade drvo hot:
guatmitich bis dortnaus – aber net, wenn s ums Geld goht;
wenn s sei muaß saugrob – solang nex uff_m Schpiel stoht:
Dees isch der Schwob!
Liebe Festgäste aus dem Geldadel,
aus dem Kreis des gehobenen Konsums und aus dem Sport,
liebe Irrlichter aus dem schrillen Show-Biz und aus der allerhöchsten Gastronomie,
liebe Vertreter der Sportwetten und der Back-Technik
sowie der Versicherungen,
liebe Konkurs-Verschlepper, verehrte freie Berufe,
willkommen die Handlanger der Politik und der Justiz sowie der
kommunalen und regionalen Verwaltung!
Hoch verehrte Gasrebellen!
Lieber Jubilar Waldemar „Wally“ Mayer, mein lieber Stammtischbruder,
du honorargeiles Phänomen im Außendienst, du Freund der kalten Bodensee-Schorle
und du Schwarm der Frauen.
Liebe Rosi, lieber Gastgeber,
liebe Familienmitglieder, liebe Freunde und Bekannte,
rühmlich Aussenstehende! Verehrte Schwenninger!
Wir alle haben schon mal ge-googelt. Sei es zum Gaspreis, zum Mittagstisch im Jägerhaus, zu XXL-Hardcore oder auch zu einfachsten Backrezepten…
Was bislang wohl nur ich gemacht habe,
ich habe als Suchbegriff mal „WALDEMAR“ eingegeben…
…macht 7.6 Mio Einträge
ich habe mit plus WALLY ergänzt…macht 51.100 Seiten…
ich habe den Wunschnamen jedes Deutschen hinzugefügt:
plus MAYER – mit ay – … macht 18.600 Links…
schließlich ergänzte ich mit plus ROSI…macht 8.820 Einträge
und wenn dann noch Villingen eingegeben wird…
bleiben gerade noch vier Treffer, aber auch vier wohl überaus zutreffende Einträge…
Eintrag A.
Waldemar „Wally“ Mayer, geboren in der Diaspora des früheren Königsreichs Württemberg, war schon als kleiner Bueb einer derer, der alles sehr schnell kapierte:
Mein, dein, sein… ihre ….. und der sehr früh fragend die Mädels betrachtete: Wa hosch denn du do?
Aber derlei Aufklärung uf de Obere Alb ging auch schon mal andersrum:
Hüllenlos und völlig nackend soll Wally in jener Zeit mit einem gleichaltrigen Mädchen vom Nachbarhof in einem Wasserzuber im Garten gesessen sein.
Sie nun habe ihn gemustert, von ganz oben bis ganz unten,
und ihn dann herausfordernd gefragt:
Bisch du katholisch? N i t t ! ? Ah, drum!
Eintrag B.
Wally war – und das überraschte bereits damals die ganze bocklederne Verwandtschaft – ein überaus kluges Köpfchen, weshalb er auch schon mit 5 1/2 in die Schule gekommen sein soll.
Was er nicht unbedingt wollte, aber er ging…ungern aber schlau.
Und weil er auf keinen Fall so sein wollte, wie seine schwäbischen Onkels,
die henne-fidlige Bäsle, und die allefänzige VETTER – und all die anderen Mannsbilder,
die im Ort das Sagen hatten,
hat ein Aufsatz Furore gemacht, den Wally schon im zarten Alter von 7 1/2 geschrieben haben soll; mit allerdings zweifelhafter „Deklination und Konjugation“.
Zwei Begriffe aus der schwäbischen Grammatik, auf deren Bedeutung ich später noch zurück komme.
Ich zitiere aus dem Aufsatz:
Als ich klein war hab ich wolen Förster werden wegen dem Schissgewehr und im Wald die gute Luft, aber wenns regnet is nass und viele Kreutzotern.
Dann lieber Lokführer aber nur elecktrisch wegen dem Gestank.
Kaminfeger ist auch schön aber mus man imer baden und mit Seife brausen.
Dachdekker ist fein,, weil man von oben in die Zimmer gucken kann
wo morgens eine geile Hausfrau aufsteht aber für mich zu schwindlig.
Dan liber Geldbriefträger, wen er nicht sovil Trepen steigen mus
oder Maurer.
Der verdient vil mer, nur mus er zuviel schwizzen und abends bin ich dan vom Musgelkater so hin, das ich im Beatschupn gleich einschlafen mus.
Beamder is schön da brauchst nix tun nur die Leute dum anredn,
aber Beamte haben nie koi Geld nicht.
Akerdemische Berufe dauern zu lang und mus man oxen bis der Schedl brumt.
Wen man Lerer wird, ärgern einen die Schühler imerfort,
do woiß i jetzt genau wovon ich schreib,
und ein Arzt kann sich leicht infiszirn.
Dann lieber noch Appotehker wegen dem reinen Alkohol, aber das ist auch nichts, weil einer Lattein könen mus und man gibt oft etwas her, wo man glaubt, es ist harmlos und verlirt die Kundschaft.
Ein herrlicher Beruf is Fahrer von der Funckstreife, weil ich dann bei uns im Ort so schnell fahren könnte und mit Blaulicht dazu so laut, das die ganzen Leut im Ort bei der Kehrwoche sprizzen aber man schnell ein Loch im Bauch was man nicht überlebt.
Aber jetzt hab ich gelesen auch normale Schühler bringen es ofd sehr weit im Leben, deshalb werde ich Personalberater für die Industrie.
Dan bin ich imer fein angezogen und fare einen duften Schliten das der Eddy zerspringd wen ich angebrausd komme und neben mit die ROSI was natürlich ein ganz ein steile Zahn ist.
Ich kan im Büro oder auch sonstwo in der Stadt sitzen wan und wo ich will und wen ich will hab ich im Büro noch mehr dufte Bienen und Schorle zum abwinken.
Deshalb bin ich froh das ich kein so ein guter Schüler bin, den gute Schüler bringens oft zu nix im Leben.
Dehalb bewerbe ich mich gleich nach der Schulentlassung um einen
Posden als Unternehmensberater.
Eintrag C.
Nun wissen wir alle, was aus unserem Wally geworden ist.
Sein dauerhafter Erfolg – nicht nur in Liebe, Sport, Geld, Autos oder Schorle – heben ihn aus der Masse aller Mayers hervor ,
beim Google-Eintrag Nummer 3 ist zu erfahren, dass Wallys Erfolg seinen lyrischen Lebensregeln zuzuschreiben ist:
Immer schön die Stange fassen,
Damen stets den Vortritt lassen,
in Gesellschaft fromm und still
niemals vorlaut oder schrill,
beim Pimpern sollst du niemals hetzen
und schlecht nicht über Lehrer schwätzen,
zahle stets, was du gesoffen,
der Wirt muss sonst auf morgen hoffen,
Fisch nicht mit dem Messer essen,
Trippls Welt schnell noch vergessen.
Nicht zu oft die Weiber bügeln
deshalb die Fleischeslust bezügeln,
die Penunze nicht verbrassen,
nichts so wie die Faulheit hassen,
ab 50 niemals mehr nackt in Spiegel schauen,
keinem Schwenninger mehr trauen,
nicht trinken aus der Untertasse,
man nie an fremde Titten fasse,
führe stets ein saubres Leben,
Tugend sei dein Hauptbestreben,
nach dem Scheißen, wasch die Hände,
schiffe nie an fremde Wände!
Kurzum: Sei zu innerst gut,
denn wer gut ist, auch gut ruht.
Das ist alter schwäb’scher Brauch,
aber anders geht es auch!
Wally ist nun bekanntermaßen nicht nur ein Mann der Eleganz und der Eloquenz geworden – für alle Nicht-Lateiner, […Richie entschuldige…] Eloquenz heißt auf hiesige Mundart: hät dauernd die Gosch uf; er könnte auch ein weiteres mal unter die Literaten eingeordnet werden.
Habe ich doch bei meiner Google-Recherche einen Vierzeiler entdeckt,
den ich ganz spontan unserem Wally zuordnete. Ja, zuordnen musste!
Und das seit jenem Freitag vor wenigen Wochen
– und es war keineswegs vor viele Jahre –
wie Wally gelegentlich das Substantiv J A H R d e k l i n i e r t –
– es macht jetzt gar nix, wenn einzelne nicht wissen, was Deklination und Konjugation ist – Hauptsache Wally und ich wissen das!
Als sich also Wally an jenem Freitag vor wenigen Wochen dem physischen Zustand dreier Fußballer aus dem nahen Brigachtal widmete, soll er kurz zuvor noch auf einen Bierdeckel, oder besser auf seinen Schorledeckel notiert haben:
Ich zitiere: Das Poem trägt die Oberzeile
Die schlimme Sorte
Eine Sorte von Menschen macht mich gleich verstummen,
das sind die super klugen Dummen.
Da hilft nur das: Sie schweigend zu ertragen
oder sie einfach ….. nieder zu schlagen.
(Heinrich Seidel 1842 – 1906)
Eintrag D.
Der vierte Eintrag zum Suchbegriff WALLY
stammt dann zu aller Überraschung n i c h t aus einem
Bertelsmann WERK mit Goldschnitt.
Und er hat auch nichts mit dem goldenen Schnitt bei Mädels,
äh, dem goldenen Schritt bei Mädels zu tun;
wenn auch dieser vierte Eintrag aus der Literatur stammt:
und zwar aus
„Der höchst weltlichen S ü n d e n f i b e l „;
einem Sammelband; verlegt 1959, dem Geburtsjahr unseres Jubilars.
Nur wer sich auf schwäbische, d.h. auf bescheidene Art und Weise durchs Leben bewegt, weiß, wie die dauerhafte Sittlichkeit das Leben des so braven, unbescholtenen Mannes WALLY bestimmte.
Also! Das Werk lautet
„Pensionierte Sittlichkeit – wer war ich und wenn ja,
warum geht nix mehr beim Mann mit 50 und bleibt das so…?“
Dies nun stimmt wirklich wenig zuversichtlich!
Doch lasst uns prüfen, ob, wie überhaupt oder
ob es gar recht treffend auf den Jubilar passt,
den alle nur Wally nennen und der nach Sigurd, Tarzan, Akim,
Lassy la Roque, Eddy Cokran und dem deutschen Nachkriegsrocker
Ted Herold das eleganteste Nackenhaar in der Region trägt.
Ich deklamiere! Für alle Nicht-Lateiner –
[Richie wir grüßen dich!] D.h. ich trage vor:
Es war einmal ein – nein kein Auerhahn, ein Mayer-Hahn,
der hat stets seine Pflicht getan,
zig- Jahre lang und noch viel mehr,
dann war der Dienst ihm etwas schwer.
So wie kein Rad auf ewig rollt,
und wie kein Donner ewig grollt,
so hatte es sich schließlich ausge-eiert,
und er hat eben ausge-mayert!
Nun ließ er seine Blicke schweifen,
betrübt zu all den Ordensschleifen,
Diplomen und den Ehrenpreisen,
die er er-mayert einst auf Reisen!
Was halfen ihm jetzt all die Prämien?
Er musst sich vor den Hühnern schämien.
Kein Hafer und kein Sellerie
entlockten ihm ein Kikeriki.
Es klang jetzt wie ein heisres Quieken,
sein einst so frohes Kikerikieken.
Und all die Hennen und die Glucken
die waren darob bass erschrucken.
So stand er traurig wie Piek sieben
im Kreise seiner Hühnerlieben.
Man hat den Enterich gebeten,
den desolaten Mayerhahn
vorübergehend zu vertreten.
So kümmert sich das Federvieh
so gut wie nicht um Sittlichkeit und Bigamie.
„Jawoll ! „, sprach stolz der Enterich,
„die Kleinigkeit besorge ich!“
Am Zaun nun stand der Mayerhahn
und sah voll tiefer Trauer an,
wie seine Hennen seine Glucken,
nun nicht mal mit der Wimper zucken,
im Gegenteil, noch mit Frohlucken,
sich nun vom Enterich begatten lassen.
Der Mayerhahn, der konnt’s kaum fassen!
„Pfui, Teufel! meint er, „Ja, so sind die Glucken“,
die unterm Enterich sich ducken!
Und schließlich kam der Bauer an
und schnappte sich den Mayerhahn.
Er sprach, du oller Veteran
wirst höchstens noch für Suppe taugen,
dann schlossen sich des Hahnes Augen.
Was ist des Lebens ganz Mühe?
Ein kleiner Topf voll Hühnerbrühe!
Er lebe hoch! Hebet das Glas!
P R O S T – lieber Wally,
G l ü c k a u f ! – Das war’s!
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